
Mutti von „kleine Maus“: Erstatte Bericht!
On 25. Dezember 2017 by FlausenkindEs gibt Dinge, die kann ich nicht lustiger umschreiben, denn sie klingen schon sehr absurd. Folgendes Gespräch hat sich tatsächlich in einem Babykurs so zugetragen.
Fünf Muttis betreten den Raum und begrüßen erst die Babies und dann sich. Direkt nach dem Hallo kommt die Tagesauswertung: „Und, wie hat deine kleine Maus heute Nacht geschlafen?“.
Ich frage mich gerade, ob jemand überhaupt die Namen der anderen Babys kennt, denn alle Babys wurden grundsätzlich „kleine Maus“ genannt. Und sind die Mütter dann die „großen Mäuse“? Meine philosophischen Gedanken werden prompt gestoppt von der Antwort der „großen Mäuse“.
„Also mein Kleiner ist gestern um 19:48 Uhr eingeschlafen. Nein, ich glaube es war 19:49Uhr. Dann um 00:21, 05:04 und 07:32 Uhr wieder aufgewacht. Gestern war eine Windel voll. Irgendwie war es auch so komisch grünlich und flüssig. Aber wir haben gestern auch das erste Mal Möhren-Pastinaken-Brei mit 1 TL Rapsöl ausprobiert. Davon hat er 3,5 Löffel gegessen, ach nee, es waren eher 3,25. Er hat ja auch was ausgespuckt. Dazu gab es 50ml Milchfläschchen.“
Versteinert sitze ich da und kann nicht glauben, was ich da höre. Dieser Detailgrad überrumpelt mich geradezu. Ich versuche mich tot zu stellen, damit mich Keine ansieht und ich auch Bericht erstatten muss. Ich fürchte, ich würde sie mit meiner ungenauen und desinteressierten Antwort zu sehr schockieren. Ein kurzes „Ja, mein Baby isst und schläft“ würde wahrscheinlich zum sofortigen Raumverweis führen. Wenn sie dann noch erfahren würden, dass mein Baby gar nicht „kleine Maus“ heißt und ich auf keinen Fall die „große Maus“ sein möchte, würden sie mich auf der Stelle lynchen. Zum Glück sind sie mit sich selbst beschäftigt.
Ich komme mir vor wie in einem hippen Start-up. Im „daily Operations talk“ treffen sich die verschiedenen Bereichsleiterinnen. Die Chefmutti, also die stärkste Henne im Hühnerstall, bittet um Berichterstattung. „Frau Müller, wie steht es mit dem Bereich Emma-Emilia-Anatolia“.
Frau Müller hat bereits eine Power-Point-Präsentation vorbereitet und untermalt diese musikalisch. Selbstverständlich hat jede Stunde des gestrigen Tages eine eigene Folie und die Farben wechseln je nach Stimmung des Kindes. Die anderen Mütter sind gebannt von der innovativen Präsentation und überlegen inwiefern die Hintergrundfarbe des Flipcharts die „target group“ anspricht – also sie selbst. Währenddessen wird überteuerter Kapselkaffee aus Tassen getrunken, die dem Unternehmen entsprechend als Babywindel geformt sind. Mmh… lecker!
Während Frau Müller Bericht erstattet, notiert die Chefmutti die gestrigen Daten in einer gigantischen Tabelle, die sich über die gesamte Wand erstreckt. Körpertemperatur, Windelinhalt, – Häufigkeit und –Konsistenz, Fütterungsmenge usw. werden akribisch festgehalten. Zuletzt darf Frau Müller dann selbst zur Tafel und ein Post-It neben einem großen bunten Stimmungsbarometer kleben. Natürlich wird das Post-It mit einem rosa oder blauen Glitzerstift beschrieben – je nach Geschlecht des Kindes. Nachdem der „daily Operations talk“ vorbei ist und alle das „Heads together“ erfolgreich bewältigt haben, gehen sie wieder auseinander ohne weitere Themen zu besprechen…
Die Informationen bleiben im Raum und glitzern einsam vor sich hin. Doch danach sind alle „großen Mäuse“ glücklich. Was will man mehr?
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